Übungsinduzierte Anaphylaxie

Die übungsinduzierte Anaphylaxie, engl. Exercise-Induced Anaphylaxie (EIA), ist eine durch ein Ereignis ausgelöste seltene Erkrankung. Bei der Lebensmittel abhängigen übungsinduzierten Anaphylaxie, engl. Food-Dependent Exercise-Induced Anaphylaxie (FDEAI), besteht das Ereignis aus der Kombination aus Nahrungsaufnahme und körperlicher Aktivität. Sie mündet in einen anaphylaktischen Schock, welcher in den meisten Fällen durch Gabe von Epinephrin gestoppt werden kann.

Begriffserklärung

Übungsinduzierte Anaphylaxie (EIA) ist ein durch Bewegung induzierter anaphylaktischer Schock. Bewegungsabläufe, die zum Ausbruch der Krankheit führen könnten, sind sehr unterschiedlich. Sie reichen vom einfachen Spaziergang über Schwimmen bis zum Skifahren. Es ist jedoch nicht zwangsläufig, dass dieselbe Aktivität den Schock erneut auslöst.2 EIA Patienten unter der menschlichen Bevölkerung machen etwa 5-15% der anaphylaktischen Fälle aus.7

Lebensmittel abhängige übungsinduzierte Anaphylaxie (FDEIA) beschreibt den durch körperliche Belastung als auch Nahrungsabhängig ausgelösten anaphylaktischen Schock. Beide Krankheiten stehen in Verbindung über den Kraftaufwand, der den Körper überbeansprucht.2

Weizen abhängige übungsinduzierte Anaphylaxie, engl. Wheat dependent exercise induced anaphylaxie (WDEIA), ist eine Form von FDEIA und basiert auf weizenhaltige Nahrungsmittel. Nach dem Verzehr und nach körperlicher Aktivität kann es zu einer allergischen Sofortreaktion führen.26

Anaphylaxie betrifft Organe, hauptsächlich die Haut, Atemwege, Verdauungswege und das Herz-Kreislauf-System 11. Es entsteht durch eine systematisch verlaufende, allergische Reaktion, die zu überschießender Zytokinenausschüttung und konsekutivem Kreislaufkollaps führt.1


Ursachen

Aktivitäten

Aktivitäten

Fallzahl (Prozent)

Joggen

219 (78)

Laufen

117 (42)

Tennis/Racquetball

78 (28)

Tanzen

73 (26)

Fahrradfahren

68 (24)

Skifahren

18 (6)

Gartenarbeit

17 (6)

Basketball

12 (4)

Stepper

5 (2)

Tabelle 1:
Aktivitäten, die EIA auslösen können

Shadick et al (1999) beschreiben in ihrer Studie die sportlichen Aktivitäten, die mit der EIA in Verbindung gebracht werden konnten. Das Ergebnis der Studie ist in Tabelle 1 dargestellt. Auffallend ist, dass es sich häufig um stark aerobe Aktivitäten handelt (Joggen, Laufen, …). 7 Bei 78% der Befragten traten die Symptome beim Joggen, 24% beim Radfahren und 28% beim Tennisspielen auf. Auch leichtere Outdoor-Aktivitäten wie Spazierengehen (42%) und sogar Gartenarbeit (6%) führten zu EIAs. Es konnte keine Korrelation zwischen der Schwere der Aktivitäten und des Auslösens gezeigt werden. Es zeigt sich zum Beispiel beim Skifahren, dass auch erst bei der Kombination mehrerer Faktoren, also Sportart und Umgebungstemperatur, Symptome auftreten. Dies war bei 6% der Fall. 21

Lebensmittel

Lebensmittelallergien sind von Land zu Land unterschiedlich, da die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen sich unterschiedlich ernähren. Daher kann die Allergieausbildung gegenüber einzelnen Lebensmitteln variieren. Beispielsweise in den USA gehören Milch, Eier, Weizen und Soja zu den häufigen Ursachen der Krankheit.

Lebensmittel

Fallzahl (Prozent)

Schalentiere

45 (16)

Alkohol

31 (11)

Tomaten

23 (8)

Käse

22 (8)

Sellerie

18 (7)

Erdbeeren

15 (5)

Milch

13 (4)

Weizenprodukte

14 (5)

Pfirsich

13 (5)

Tabelle 2:
Lebensmittel, die EIA auslösten

36% der Befragten aus Shadick et al’s Studie beschrieben Nahrungsmittel als Auslöser der anaphylaktischen Reaktionen, diese Nahrungsmittel sind in Tabelle 2 dargestellt. Schalentiere (16%) und Alkohol (11%) waren die am häufigsten beschriebene Auslöser und auch Milch (4%) und Milchprodukte wie Käse (8%). Jeweils 5% der Befragten gaben auch Erdbeeren, Pfirsiche und Weizenprodukte an. Letztere kann mit der Wirkung der Epitope des Omega-5-Gliadin als Allergen in Verbindung gebracht werden. 7, 14 , 16,21

Hormonelle Schwankungen, wie beispielsweise bei der Menstruation, und die Einnahme von NSAIDs, insbesondere Aspirin, konnten ebenfalls als Ursachen für die EIA beschrieben werden. De Silva et al (2015) beschrieben einen Fall, bei welchem es zu einer Reaktion nach dem Konsum von Cannabis und Weizen kam. Diese allein haben jedoch zu keiner Reaktion geführt. Es zeigt, dass es auch erst zu einem akuten Fall kommen kann, wenn mehrere Faktoren aufeinander treffen beziehungsweise sich gegenseitig triggern. 4, 14


Symptome

Das Auftreten der Symptome, die in Tabelle 3 beschrieben sind, ist abhängig von dem Zeitintervall zwischen der Aufnahme einer Mahlzeit und Beginn der körperlichen Aktivität, der Zeitraum kann 20 bis 120 Minuten betragen. Wenn die körperliche Aktivität nach über 3 Stunden beginnt, sind keine Symptome beschrieben worden.20

Symptome

Fallzahl (Prozent)

Pruritus

257 (92)

Urtikaria

241 (86)

Angioödem

210 (72)

Erröten

194 (70)

Kurzatmigkeit

141 (51)

Dysphagie

94 (34)

Engegefühl der Brust

92 (33)

Bewusstlosigkeit

90 (32)

Diaphorese

90 (32)

Kopfschmerzen

78 (28)

Nausea/Diarrhoe/Kolik

77 (28)

Ersticken/Halsverengung/Heiserkeit

71 (25)

Tabelle 3:
Häufigkeit der Symptome bei EIA-Patienten

Als Initialsymptome der EIA gelten für gewöhnlich Rötung und generalisierter Pruritus 20. Nach Shadick et al (1999) tritt die Errötung zu 70% und der Pruritus zu 92% auf. Bei 86% der Fälle folgten auf diese Symptome eine Urtikaria, siehe Abbildung 1, und bei 72% kommt es zu einem Angioödem des Gesichts, der Handflächen und der Fußsohle, ähnlich wie bei Abbildung 2 21, 22. Das Ödem und auch die Urtikaria halten für Gewöhnlich so lange wie der anaphylaktische Schock besteht, sprich 30 Minuten bis zu vier Stunden 21.

Urtikaria
1. Abbildung
Urtikaria

Angioödem
2. Abbildung
Angioödem

Das Angioödem kann sich auch systemisch Verbreiten (Sheffer und Austen, 1980). Bei Beteiligung des gastrointestinal Trakts kommt es bei 77 von 279 Probanden zu Nausea, Bauchschmerzen und Diarrhoe. Des Weiteren führt es bei 34% der Fälle zu Störungen des oberen gastrooesophagealen Traktes, dies äußerte sich in Dysphagie, Schluckstörung 5,19,21.

Im Falle eines Mukosaödems der oberen Atemwege kam es bei 25% zur Einengung der Luftwege. Dies kann zu Stridor, also krankhaften Atemgeräuschen, Heiserkeit oder gar zum Ersticken führen. Wenn es sich weiter auf die unteren Atemwege ausbreitet, kann es zusätzlich auch zu Spasmen der glatten Muskulatur führen, was bei 33% der Erkrankten zu einem Engegefühl der Brust und auch zu Kurzatmigkeit führt. Sämtliche respiratorischen Symptome können zu einer Sauerstoffunterversorgung, Hypoxie, führen. 21,22

Wenn die anaphylaktische Reaktion auch das kardiovaskuläre System einschließt, kann es sich entweder um eine sekundäre Folge durch die Symptome des respiratorischen Systems, z.B. Hypoxie, oder um eine primäre Folge des Schocks handeln 22. Im Generellen wurden in leichteren Fällen Tachykardie und Blutdruckveränderung, häufig Hypotension, beschrieben 5,17. Echokardiogramm Untersuchungen verzeichnen laut Ring et al (2014) eine Abflachung der T-Welle sowie supraventrikuläre Arrythmien oder auch einen atrioventrikulärer Block 17. Durch kardiovaskulären Störungen kam es bei schwerwiegenden Fällen zum Kollaps bis hin zur Bewusstlosigkeit 21,22. Bei 28% der Fällen konnten in Folge von Durchblutungsstörungen des Gehirns Kopfschmerzen aufgezeigt werden 21.

In der Schwangerschaft

In der Studie von Shadick et al (1999) wurden 7 Fälle dokumentiert, die eine Verschlechterung der Erkrankung nach der ersten Geburt beschrieben. Dies äußerte sich als eine Erhöhung der Herzfrequenz und die Schwere des anaphylaktischen Schocks stieg an. 3 Frauen berichteten von einer Verbesserung der Symptomatik nach der zweiten oder dritten Schwangerschaft. Eine der Frauen hat, im Gegensatz zu den anderen, während der Schwangerschaft die körperlichen Aktivitäten fortgesetzt, was zu einer Verschlechterung der Symptome führte.21

Smith et al (1985) beschreiben eine Frau, die während Ihrer ersten Geburt durch die intramuskuläre Gabe von Ergometrin an einem anaphylaktischen Schock erlitt. Bei ihrer zweiten Geburt wurde auf Medikamente verzichtet, die Geburt verlief ohne Probleme. Jedoch wenige Minuten nach Abgang der Nachgeburt bekam sie die Symptome einer EIA, Angioödem des Gesichts, Urtikaria und auch Bronchospasmen. Es wurden verschiedene Tests durchgeführt, die jedoch alle normale Ergebnisse aufzeigten. Eine Reaktion zwischen Fetus und der Mutter konnten durch den Kleihauer-Betke Test und die AB0-Kompatibilität ausgeschlossen werden. Anaphylaktische Reaktionen, wie während der Geburt, traten bei den Patienten auch während Stressperioden und der Menstruation auf.23

Ein weiterer Fall wurde von Gupta und Moore (2007) beschrieben: Eine Frau mit einer diagnostizierten EIA, ihre Reaktionen traten in Folge von Stressperioden und körperlichen Aktivitäten in Kombination mit kaltem Wetter auf. Sie leidet an keinen Allergien oder Vorerkrankungen wie Asthma, es konnten keine weiteren Trigger für Reaktionen identifiziert werden. Zum Vorbeugen einer Reaktion änderte sie ihren Lebensstil, bei Anzeichen einer Reaktion nahm sie, wenn nötig, Chlorphenamin. Während der Schwangerschaft sind keine anaphylaktoiden Schocks bekannt. Um bei der Geburt keine EIA Symptome durch den Stress zu bekommen, erhielt sie intravenös eine Initialdosis von 100mg Hydrocortison, anschließend 50 mg alle 6 Stunden. Die Geburt verlief ohne Zwischenfälle.9

Die obengenannten Fälle und Studien zeigen, dass eine Schwangerschaft ohne Probleme stattfinden kann, sofern Maßnahmen ergriffen werden, beispielsweise das Reduzieren der körperlichen Arbeit9,21. Wenn die Erkrankung nicht bekannt ist oder keine Präventionen getroffen werden, kann die Schwangerschaft und auch die Geburt als Initiator für einen anaphylaktischen Schock aufgrund von EIA gelten.21,23

Klinischer Verlauf

Akuter Anfall

Es können drei Phasen der Manifestation beschrieben werden: prodromal, Anfangsbeginn und der eigentliche Anfall, sogar eine postiktale Reaktion nach körperlichen Aktivitäten ist bekannt.

Das prodromale Stadium wird durch Müdigkeitsgefühl, allgemeine Wärme, Jucken und selten auch Rötung beschrieben.22

Während des Anfallbeginns bricht die generalisierte Urtikaria aus, welche sich besonders auf Gesicht, Sohlen und Handflächen auswirkt, begleitet von Angiooedemen. Nach Sheffer und Austen (1980) kollabierten 12 von 16 Patienten nachdem sie wegen den kutanen Symptomen die körperliche Aktivität abgebrochen hatten und verloren vorübergehend ihr Bewusstsein.22

Der eigentliche Anfall der EIA betrifft die respiratorischen, kardiovaskulären und gastrointestinalen Systeme. Dies äußert sich Beispielsweise in Keuchen, Stridor, Kolik, Nausea, Kurzatmigkeit oder selten auch Engegefühl der Brust.22,22

Es ist auch eine postiktale Reaktion bekannt, welche sich in persistierenden Kopfschmerzen äußert, dieses Symptom kann bis zu 72 Stunden andauern.22

Langzeit Beobachtung

In der 10 Jahres Studie von Shadick et al, welche 297 EIA-Fälle beinhaltet, wird angegeben, dass 47% der Befragten seit Beginn der Erkrankung eine Verringerung der anaphylaktischen Schocks verzeichnen können. Bei 46% ist die Anzahl der Schocks gleichgeblieben sind und nur 7% klagen über eine Verschlechterung.21

Bei Beginn der Erkrankungen liegt die Anzahl im Schnitt bei 14.5 Attacken pro Jahr. Über die Zeit der Studie hinweg senkte sich dieser auf 8.3 Attacken pro Jahr. Ein logistisches Regressionsmodell zeigte, dass Patienten mit allergenen Vorgeschichten, Asthmatikern in der Familie, oder Ekzemen weniger anaphylaktoide Schocks durch EIA erlitten als Patienten ohne Vorgeschichten.22


Pathophysiologie

Die genaue Ursache für EIA und Bewegungs-spezifische Auslöser in FDEIA, die zur Degranulation der Mastzellen führen sind bis heute noch nicht ganz erforscht. Es gibt jedoch einige, Hypothesen die eine Erklärung bieten. Womöglich liegt der Hintergrund aus einer Kombination der Hypothesen.2

  1. Erhöhte Gastrointestinale Permeabilität

    • Es ist bekannt, dass die körperliche Aktivität die Absorption im Darm steigert. Man vermutet eine intensive Immunantwort der Darmflora auf die verstärkte Allergenaufnahme durch die erhöhte Permeabilität.2

  2. Aspirin und NSAID Aufnahme

    • Aspirin und andere NSAIDs können als Co-Faktor zum Auftreten einer anaphylaktischen Reaktion durch EIA führen. Matsuo et al (2005) zufolge erhöht Aspirin die Permeabilität der Darmwand und so auch die Allergenaufnahme 15. Es wird zudem vermutet, dass die Immunzellen- Degranulation zusätzlich gesteigert wird.2

  3. Erhöhte Enzymaktivität der Geweben

    • Die Kontraktionen der Skelettmuskulatur setzen IL-6, IL-1β und TNFα frei.7 Suto et al (1993) haben beschrieben, dass IL-6 die Aktivität der Gewebstrangsglumatinase (tTG)Transglutaminase steigert.24 Dieses Enzym modifiziert spezielle Glutaminase-Reste von Allergenen (besonders Omega-5-Gliadin), daraus resultiert das Entstehen von großen Peptid-Aggregationen, diese erleichtern das Binden von IgE. Es konnten jedoch noch keine Gliadin-Transglutaminase Komplexe im Blut nachgewiesen werden.3 ,2

  4. Umverteilung des Blutflusses

    • Schon eine leichte körperliche Belastung kann eine Blutumverteilung induzieren, um inaktives Gewebe zu aktivieren. Laut Cooper et al (2007) verursachen Immunabwehrzellen keine Anaphylaxie solange sie ihre lokale Zirkulation nicht verlassen, allerdings bei einer Umlagerung in die Haut oder Skelettmuskulatur kann es zu EIA-Symptomen führen. Robson-Ansley und Toit (2010) beschreiben, dass Mastzellen des Intestinaltraktes Lebensmittelallergene tolerieren können, hingegen bei einer Umverteilung der aufgenommenen Allergene in die Haut oder Skelettmuskulatur, kann es zu einem ansteigendem Potenzial für EIA werden. Da Haut-/Skelettmuskel-Mastzellen eine andere phänotypische Erscheinung haben, können sie durch das Allergen stimuliert werden. 2,18 Dies kann die Urticaria, Pruritus und das Angioödem erklären.

  5. Erhöhte Osmolalität

    • Durch Vasodilatation erhöht sich Blutfluss im Darmgewebe, was zu einer Verringerung der Osmolalität führt. Bei der Blutumverteilung durch körperliche Aktivität, kann die Osmolalität erhöht werden, wodurch es zur Aktivierung der intestinalen Mastzellen, sowie auch die Sekretion von Histamin aus den basophilen Granulozyten kommt. Des Weiteren führt die Histamin Sekretion zur erhöhten Allergenabsorbtion, der IgE-abhängigen Mastzelle Aktivierung und zum Auslösen der typischen anaphylaktoiden Reaktion der EIA.2,8

  6. Erhöhte Ausschüttung von endogenem Endorphine

    • Es ist bekannt, dass bei anhaltender und anstrengender körperlichen Aktivität die Degranulation der Mastzellen durch endogene Endorphin gefördert wird. Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass innerhalb einer kurzen Zeit der Einfluss so groß sei um EIA auszulösen.2

  7. Änderung des PLasma-pH

    • Zwei Berichte über Unterdrückung von FDEIA-Symptomen mithilfe von Natrium Bicarbonat sind erwiesen. Dennoch ist der Mechanismus weiterhin unbekannt, der durch Steigerung des Plasma-pHs eine Präventive Maßnahme gegen Anaphylaxie stellt. 2

Lebensmittel abhängige übungsinduzierte Anaphylaxie

FDEIA ist eine Form der Lebensmittel abhängigen Anaphylaxie. Aus diesem Grund kann die Pathophysiologie mit der von FIA beschrieben werden.

Lebensmittel abhängige Anaphylaxien werden beim Menschen durch die Bindung von Allergenen an IgE-Rezeptoren (FceR1)Fc-Rezeptoren verursacht. Die Rezeptoren befinden sich sowohl auf der Oberfläche von Mastzellen als auch der Basophilen ZellenBasophiler Granulozyt. Mastzellendegranulation wird durch einen kaskadenförmigen Reaktionsweg herbeigeführt. Das Allergen wird zuerst von Makrophagen durch Phagozytose aufgenommen, dies bewirkt, dass durch T-Zell-Aktivierung sich B-ZellenB-Lymphozyt ausdifferenzieren. Durch die Plasmazellen werden IgE-Antikörper produziert, die auf die Oberfläche der Mastzellen angelagert werden. Bei Auftreten des Allergens wird dieses durch die vorhandenen IgE-Antikörper erkannt, folglich werden Mediatoren der Mastzelle in die Umgebung freigesetzt.2513 Entzündungsmediatoren sind Histamin, Leukotriene, PAF, Tryptase und Prostaglandine(z.B. Heparin). Auswirkungen sind Vasodilatation die wiederum andere Symptome im Körper hervorrufen können.1

Histamin ist der wichtigste Mediator, da es am schnellsten eine Wirkung zeigt. Wirkung beinhaltet unter anderem Senkung des arteriellen Blutdruckes und gesteigerte Gefäßpermeabilität (H1-Rezeptor) als auch Muskelkontraktion (H2-Rezeptor). Leukotriene und Prostaglandine sind Produkte des Arachidonsäure-Zyklus, ihre Zielgruppe sind eosinophile und basophile Zellen mit dem Resultat der Chemoattraktion. Das Vorhandensein von Tryptase ebenso ChymaseChymosin steigert die Freisetzung von Histamin, dementsprechend verbreitet sich die Reaktion im Körper rasch. Um sekretorische Proteasen zu stabilisieren wird Heparin und Chondroitinsulfat ausgeschieden, dadurch soll die Wirkung des Histamins vermindert werden.13

Während der Reaktion werden von Mastzellen Interleukine ausgeschieden, dazu gehören IL-4,IL-5, IL-13 und TNF-a. Chemotaxis in sowohl Neutrophile Granulozyten als auch Monozyten wird durch TNF-a stimuliert, zusätzlich fördert TNF-a Zytokinproduktion in T-Zellen. IL-4 stimulieren die B-Zellen zur vermehrten Produktion von IgE. IL-13 fördert ebenfalls die IgE-Herstellung gleichzeitig auch die FceRI-Expression. Beide Interleukine werden von Mast- und Basophilen-Zellen abgesondert. Eosinophile Granulozyten Aktivierung ist die Antwort des IL-5.13

Durch körperliche Belastung kann die Allergenaufnahme gesteigert werden (siehe Erhöhte Gastrointestinale Permeabilität), welche schließlich zum Anaphylaktischen Schock führt.


Diagnose

Anamnese

Die Basis der Diagnose ist die Krankengeschichte, die genaue Analyse der Lebensweise des Patienten, sowie die Führung eines Ernährungstagebuchs und nachfolgend eine physikalische Untersuchung. 21

Die Symptome der EIA sind nur bedingt spezifisch und können mit anderen allergischen Erkrankungen verwechselt werden. Die genaue Diagnose erfolgt letztlich mittels der Ausschlussdiagnostik. 2, 10

Wie zum Beispiel:

Das wichtigste diagnostische Merkmal der EIA ist der Zusammenhang zwischen der aufgenommenen Nahrung und der anaphylaktischen Reaktion. 10 Zu unterscheiden ist eine Nahrungsmittel-abhängige (FDEIA) von einer Nahrungsmittel-unabhängige (EIA) Reaktion. Außerdem können verschiedene Faktoren einen EIA Anfall auslösen bzw triggern. Wie zum Beipsiel Asthma, andere Allergien oder Medikamente (NSAIDs), sowie Wetter oder jahreszeitliche Verhältnisse (Allergie-Saison).2, 10,12

Diagnostisches Verfahren

Zu dem differenzialdiagnostischen Ausarbeiten der oben genannten Erkrankungen sollte die Hämatologie und die entsprechende Blutchemie durchgeführt werden. 10 Weitere wichtige Parameter sind Histamin und Tryptase. Der Histamin Plasmawert ist jedoch nur für wenige Minuten erhöht, da es schnell zu Methylhistamin metabolisiert wird. Daher muss dies schnell nach dem Anfallgeschehen bestimmt werden. Die Aussagekraft des Nachweises von Methylhistamin im Urin ist derzeit jedoch noch unklar.6 Die Tryptase ist länger im Blut nachweisbar. 10

Allergietests

Es muss ein körperlicher Provokationstest durchgeführt werden, um die Symptomatik der EIA herbeizuführen. Dafür wird eine Sportübung begonnen, anschließend das potentielle Allergikum appliziert und wiederholt diese Sportübungen. Dies hilft auch bei der Differenzierung zwischen der FDEIA und EIA.6,12,20


Behandlung

Im anaphylaktischen Schock Epinephrin (Adrenalin) das Mittel der Wahl. Die Dosierung entspricht 0.01 ml/kg Epinephrin intramuskulär. Zur Unterstützung sollte Sauerstoff sowie Ringer-Lactat Infusionslösung, zur Prävention von Hypotonie , gegeben werden. Epinephrin sollte auch als Notfallmedikament für Zuhause verschrieben werden. Alle im Umfeld des Patienten sollten gut geschult werden um in der Lage zu sein, in einem akuten Fall, das Medikament fachgemäß zu verabreichen. 2,10,21 Außerdem gilt hierbei auch, je länger es dauert den Patienten zu behandeln, desto gefährlicher ist die Situation für diesen.10

Langzeit Therapie kann mittels Antihistaminen und Prednisolon (1mg/kg) erfolgen. Inzwischen gibt es auch die Möglichkeit eine Desensibilisierung durchzuführen.2,10

Sind die auslösenden Allergene verifiziert, sind Vermeidungsmaßnahmen die wichtigste Therapie. Zu meiden sind die betreffenden Lebensmittel, sowie die auslösenden Sportarten und es sollen die Anaphylaxie begünstigende Umgebungstemperaturen beachtet werden.2

Maßnahmen

Fallzahl (Prozent)

Vermeidung von Sport während:

- Extrem warmen oder kaltem Wetter

124 (44)

- Allergie-Saisons

101 (36)

- Feuchtes Klima

91 (33)

Essen vor Sport vermeiden

102 (37)

Ort des Sports ändern

68 (24)

bestimmte Medikamente meiden

37 (13)

Tabelle 4:
Von EIA Patienten verwendete Präventionsmaßnahmen

Shadick et al haben über 10 Jahre Umfragen zu wiederholt auftretenden EIA Anfällen bei 279 Patienten gemacht. Tabelle 4 zeigt, welche präventive Maßnahmen die Befragten ergriffen um die EIA vorzubeugen. 44% Patienten vermeiden Sport während der kalten oder warmen Jahreszeiten in der die Symptomatiken auftraten, sowie 36% während der Allergie-Saison. Es scheint, dass viele davon FDEIA haben, da 37% Essen vor dem Sport vermeiden. 21

In manchen Fällen entwachsen jüngere Patienten der Krankheit. 10

Die Prognose für EIA Patienten, ist nach Erkennung und Eliminierung des Allergens sehr gut. Die anaphylaktischen Anfälle treten weniger häufig auf und sind auch weniger stark.21

Für EIA gibt es keine Heilung. 6


Referenzen

Fachbücher

  1. Ancau M.: Klinische Grundlagen für das Physikum; Springer-Verlag 2015. S.24-25 1

Fachartikel

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Tabellen

Tabelle 1: Aktivitäten, die EIA auslösen können: Vgl. Shadick, N. A.; Liang, M. H.; Partridge, A. J.; Bingham, C.; Wright, E.; Fossel, A. H.; Sheffer, A. L. (1999): The natural history of exercise-induced anaphylaxis: Survey results from a 10-year follow-up study. Journal of Allergy and Clinical Immunology, 104(1): 123–127.

Tabelle 2: Lebensmittel, die EIA auslösten: Vgl. Shadick, N. A.; Liang, M. H.; Partridge, A. J.; Bingham, C.; Wright, E.; Fossel, A. H.; Sheffer, A. L. (1999): The natural history of exercise-induced anaphylaxis: Survey results from a 10-year follow-up study. Journal of Allergy and Clinical Immunology, 104(1): 123–127.

Tabelle 3: Häufigkeit der Symptome bei EIA-Patienten: Vgl. Shadick, N. A.; Liang, M. H.; Partridge, A. J.; Bingham, C.; Wright, E.; Fossel, A. H.; Sheffer, A. L. (1999): The natural history of exercise-induced anaphylaxis: Survey results from a 10-year follow-up study. Journal of Allergy and Clinical Immunology, 104(1): 123–127.

Tabelle 4: Von EIA Patienten verwendete Verhaltensmaßnahmen: Vgl. Shadick, N. A.; Liang, M. H.; Partridge, A. J.; Bingham, C.; Wright, E.; Fossel, A. H.; Sheffer, A. L. (1999): The natural history of exercise-induced anaphylaxis: Survey results from a 10-year follow-up study. Journal of Allergy and Clinical Immunology, 104(1): 123–127.

Abbildungen

Abbildung 1: Urtikaria: James Heilman, MD, Hauterscheinungen einer Urtikaria an Ellenbeuge und Unterarm, https://de.wikipedia.org/wiki/Nesselsucht, Lizensiert durch Creative Commons Lizenzen: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Abbildung 2: Angioödem: Ravn, Charakteristische Schwellungen im Gesicht bei einem Angioödem, https://de.wikipedia.org/wiki/Quincke-%C3%96dem, Lizensiert durch Creative Commons Lizenzen: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Exercise-Induced_Anaphylaxy_De (last edited 2020-04-26 10:54:04 by 4134D)