HemmerCyclooxygenase Die Rolle der Hemmung der Cyclooxygenase (COX) mit nicht steroidalen Entzündungshemmern (NSAID) in der Tumortherapie


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Cyclooxygenase-Inhibitoren finden heutzutage nicht mehr nur als Schmerz-, Fieber- & Entzündungshemmer ihren Einsatz. Sie werden vermehrt als mögliches Begleitmedikament zur Behandlung von Tumoren angewandt, da sie die Angiogenese sowie die VEGF (Vascular endothelial growth factor) - und MMP-2 (matrix metallopeptidase 2) mRNA-Expression hemmen. Außerdem fördern sie die Tumorzell-Apoptose von COX-2-exprimierenden Tumorzellen (Jason et al, 2014).

Cycylooxygenase

Definition

Bei den Cyclooxygenasen (kurz: COX) handelt es sich um Enzyme, die im Bereich des Arachidonsäurestoffwechsels wirken und dort die Bildung von Prostaglandinen und Thromboxanen katalysieren (Abb. 1).

aufspringender Text
1. Abbildung
Arachidonsäurestoffwechsel (Schneider, 2006; Rysek, 2001)

Zunächst wird Arachidonsäure durch die Phospholipase A2 aus Phospholipiden der Zellmembran freigesetzt. Nach Aufnahme der Arachidonsäure in den Kanal der COX wird sie zu PGG2 (Prostaglandin G2) oxidiert, um dann zu PGH2 (Prostaglandin H2) konvertiert zu werden (Neuß, 2011). Cyclooxygenasen kommen im Inneren des endoplasmatischen Retikulums, innerhalb der Kernhülle und im Golgi-Apparat vor. Sie haften an der Innenseite der Membran dieser Zellkompartimente. Es existieren mindestens 2 verschiedene Isoformen der Cyclooxygenase, COX-1 und COX-2, welche sich durch den Austausch der Aminosäuren an der Position 523 unterscheiden (Abb. 2). Des Weiteren gibt es Hinweise auf mindestens eine weitere Form, COX-3, welche bisher noch nicht vollständig erforscht wurde (Neuß, 2011).

aufspringender Text
2. Abbildung
Die Cyclooxygenase, ein dimeres, C2 symmetrisches Membranprotein, besteht aus zwei identischen Untereinheiten, welche jeweils aus 576 Aminosäuren zusammengesetzt sind und ein Molekulargewicht von etwa 70.000 Da aufweisen.

Isotypen und ihre Funktion

Die COX-1 kommt nahezu in allen Zellen des Organismus vor. Größtenteils findet man sie in den blutgerinnungsauslösenden Thrombozyten, den Endothelzellen normaler Blutgefäße, den Nieren und im Gehirn, besonders im Frontallappen.Die durch sie entstandenen Stoffwechselprodukte haben überwiegend physiologische und protektive Funktion (house-keeping Funktion).

Die COX-2 hingegen stellt eine induzierbare Form dar. Ihre Bildung wird durch proinflammatorische Zytokine, wie dem Tumornekrosefaktor (TNF-alpha) oder Interleukin 1-alpha, sowie Wachstumsfaktoren hervorgerufen. Ebenso kann eine Mutation zur Überexpression der COX-2 führen. Die durch sie synthetisierten Prostaglandine stellen somit Entzündungsmediatoren dar, die beispielsweise nach akuten Traumata, in Entzündungen oder Tumorzellen gebildet werden. Daher spielen sie vor allem in der Tumortherapie eine der COX-1 übergeordnete Rolle (Neuß, 2011) (Abb. 3).

aufspringender Text
3. Abbildung
Physiologische Wirkung der Eikosanoide im Bezug auf die COX-1- und COX-2- Inhibition (Thiel und Roewer, 2009)

NSAIDs

Definition

Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID non steroidal anti inflammatory drug) sind Medikamente mit entzündungshemmender, analgetischer sowie fiebersenkender Wirkung. Zudem wirken sie der Aggregation von Thrombozyten entgegen. Diese Eigenschaften begründen sich auf ihre Fähigkeit die Cyclooxygenase und somit die Synthese von Prostaglandinen zu hemmen. Anwendung finden sie hauptsächlich in der Rheumatherapie, bei Arthritis, unterschiedlichen entzündlichen und schmerzhaften Erkrankungen, sowie bei der Tumortherapie.

Unterschiede klassischer und selektiver NSAIDs

Klassische NSAIDs hemmen ohne Selektion beide Isoformen der Cyclooxygenase. Damit verbunden sind einige unerwünschte Nebenwirkungen, da durch diese allgemeine Inhibition auch die physiologisch erwünschten Eigenschaften der Cyclooxygenase-1 unterbunden werden. Eine neue Generation von NSAIDs stellen die sogenannten Cyclooxygenase-2-Hemmer, kurz „Coxibe“ dar. Sie nehmen gezielten Einfluss auf die Cyclooxygenase-2, ohne dabei die protektiven Eigenschaften der Cyclooxygenase-1 zu eliminieren, wodurch Nebenwirkungen verringert werden können (John und Schmieder, 2002) (Lehrer, 2014) (Abb. 4).

Neben- und Wechselwirkungen

Sowohl die klassische, als auch die neue Generation der NSAIDs, die Coxibe, können zu Nierenfunktionsstörungen, Schlaganfällen oder Herzinfarkten führen. Außerdem besteht eine allgemeine Bronchien verengende Wirkung, welche das Risiko für Asthmaanfälle drastisch erhöht. NSAIDs sollten daher möglichst nur über einen kurzen Zeitraum und in niedriger Dosis verabreicht werden. Besonders Patienten mit vorgeschädigter Magenschleimhaut, Asthma oder Blutgerinnungsstörungen tragen ein hohes Risiko für starke Nebenwirkungen. Bei der Therapie mit NSAIDs muss auch auf die Wechselwirkung mit verschiedenen anderen Medikamenten geachtet werden. Die Einnahme sollte nicht gemeinsam mit Glukokortikoiden erfolgen – dies könnte zu starken Magen-Darm-Problematiken führen. Zum anderen verstärken NSAIDs die gerinnungshemmende Wirkung von Marcumar und anderen Cumarinen, sodass sich die Gefahr einer Blutung erhöht. Zudem schwächen bzw. verstärken sie verschiedene blutdrucksenkende Medikamente, Diuretika und orale Antidiabetika in ihrer Wirkung. Pharmakologen raten dringend davon ab, verschiedene NSAIDs zu kombinieren, um die Potenzierung unerwünschter Wirkungen zu verhindern.

aufspringender Text
4. Abbildung
Häufig eingesetzte NSAIDs (Bach und Förster, 2003)

Anwendungsgebiete der NSAIDs außerhalb der Tumortherapie

NSAIDs werden gegen eine Vielzahl von schmerz- und entzündungsbedingten Beschwerden eingesetzt, welche beispielsweise durch Verletzung, Überbelastung oder chronisch-rheumatischer Erkrankung ausgelöst werden. Ein weiteres Einsatzgebiet liefert ihre Fähigkeit die Blutgerinnung zu beeinflussen, wodurch sie Anwendung in der Vorbeugung eines Blutgerinnsels finden (Wolf, 2015).

Rheumatoide Arthritis

Arthrosen sind degenerative Gelenkerkrankungen, welche meist langsam voranschreiten und mit zunehmendem Alter nicht nur die Knorpel-, sondern auch die Knochenstruktur eines oder mehrerer Gelenke betreffen. Ihr klinischer Verlauf lässt sich durch Schmerz und Empfindlichkeit des Gelenks, Bewegungseinschränkungen, einen gelegentlichen Gelenkserguss und lokale Entzündungsprozesse charakterisieren. Daher strebt die primäre, konservative Behandlung der Arthrose eine Reduktion der Entzündung sowie des Schmerzes an und erfolgt dabei rein symptomatisch. Die NSAIDs spielen hierbei im Bereich der medikamentösen Maßnahmen eine fundamentale Rolle. In der intraartikulären Arzneimitteltherapie finden neben der Kortikosteroide auch Hyaluronsäure als „nicht-klassische nicht-steroidale Antiphlogistika“ ihre Anwendung. Ebenso werden NSAIDs in der externen Therapie in Form von topischen Arzneimitteln wie Salben und Gelen verwendet. Dabei sind sie symptomatisch zuverlässig wirksam und Nebenwirkungen aufgrund der geringen systemischen Verteilung des Wirkstoffes verhältnismäßig gering. Klassisch nicht-steroidale Antiphlogistika werden wegen ihres pharmakodynamischen Spektrums von antiphlogistischer, analgetischer und antipyretischer Wirkung bereits seit mehr als 100 Jahren klinisch-therapeutisch eingesetzt (Bach und Förster, 2003).

Thrombose

Acetylsalicylsäure (Aspirin®) wird wegen ihrer antithrombotischen Eigenschaft bereits seit Jahren für die Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen in der sekundären Prävention eingesetzt (Siller-Matula, 2013). Sie etablierte sich damit im Bereich der Koronaren Herzkrankheit, Arteriosklerose der hirnversorgenden Arterien und peripherer arterieller Verschlusskrankheit (Kostner, 2012). Aufgrund des bestehenden Risikos unerwünschter Blutungen ist ihr Einsatz zur Primärprävention allerdings umstritten (Siller-Matula, 2013). Acetylsalicylsäure wird nach oraler Gabe im Dünndarm resorbiert und durch Esterasen zu Salicylsäure und einem Acetyl-Rest gespalten, welcher auf die Cyclooxygenase-1 der Thrombozyten übertragen wird und diese irreversibel blockiert. Durch diese Acetyl-Rest-Übertragung wird die Prostaglandin-H2-Synthese und somit auch die Bildung von Thromboxan-A2 gehemmt. Ein gesenkter Thromboxan-A2-Spiegel schränkt daraufhin die Thrombozytenaggregation ein. Acetylsalicylsäure reduziert das Auftreten von Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall bei Patienten mit stabilen koronaren Herzkrankheiten. Allerdings sollte immer eine Abwägung von kardiovaskulärem Risiko und Blutungsrisiko erfolgen (Single, 2014).

Prophylaxe durch NSAIDs induzierte gastrointestinale Nebenwirkungen

Als eine der häufigsten Nebenwirkungen der NSAIDs zählen gastrointestinale Komplikationen, wie epigastrischer Schmerz, Magenulzera, gastrointestinale Blutungen oder Perforationen. Daher empfiehlt sich die Einnahme in Kombination mit Protonenpumpenhemmern (PPH), welche eine Blockade der Magensäurebildung bewirken und somit die entsprechenden Nebenwirkungen mindern (Kostner, 2012). Als PPH wird zum Beispiel Omeprazol oder Pantoprazol eingesetzt (Weiss, 2010). Histamin-H2-Rezeptorantagonisten („H2-Blocker“) können ebenfalls zur Reduzierung der Magensäurebildung beitragen, indem sie an den H2-Rezeptor der Parietalzellen im Magen binden und somit die histaminstimulierte Säureproduktion der Belegzellen reduzieren. Allerdings bleibt die Gastrin und Acetylcholin stimulierte Säureproduktion aktiv, wodurch die Wirksamkeit der H2- Rezeptorantagonisten beschränkt wird. Aufgrund dieser mangelnden Effektivität wird der PPH-Therapie eine größere Bedeutung zugeschrieben (Godzick-Njomgang, 2014).

Cyclooxygenase-Hemmung in der Tumortherapie

Allgemeines

In vielen Studien konnte bereits der Effekt von NSAIDs in der Tumorprävention und -entstehung nachgewiesen werden. Ursache ist vor allem eine Überexpression von COX-2 im Tumorgewebe. Oft korrelieren erhöhte COX-2-Expression und erhöhte PGE2-Spiegel im Gewebe mit Tumorgröße, erhöhter p53-Expression (Tumorsuppressor), verstärkter Invasivität, erhöhtem metastatischem Potential der Tumorzellen und mit einer schlechteren klinischen Prognose. Durch die Produktion von PGE2 wird es den Tumoren ermöglicht, sich effektiv vor dem Immunsystem zu schützen, weil PGE2 eine immunsupprimierende Wirkung besonders auf APCs (codiertes Tumorsuppressorprotein) aufweist. Zu den direkten und indirekten Effekten der COX-2 gehören Zellproliferation, verminderte Apoptosefähigkeit, Stimulierung der Angioneogenese, größeres invasives Zellwachstum, sowie deren Mobilität und vermehrte Produktion von Mutagenen (Abb. 5). Es ist wichtig zu erwähnen, dass COX-2-Inhibitoren allein keine Tumorheilung bewirken, aber die Wirkungen antitumoral wirksamer Substanzen wie Zytostatika, CpG-ODN usw. verstärken können (Schneider, 2006).

aufspringender Text
5. Abbildung
Durch NSAIDs gehemmte Effekte der COX-2 (Michel 2012)

Mammakarzinom

Mammakarzinome werden in Deutschland rund 70.000 mal jährlich diagnostiziert und zählen somit zu den häufigsten tumorösen Erkrankungen. Schon seit längerem ist bekannt, dass der Großteil dieser Tumoren (rund 60%) ein hormonabhängiges Wachstum aufweist. Hierfür ausschlaggebend sind die sogenannten Östrogene, welche unter physiologischen Bedingungen mitverantwortlich für die Steuerung von Zellwachstum und Zelldifferenzierungen sind. Allerdings fördern diese gleichzeitig auch die Tumorbildung. Östrogene sind somit hauptverantwortlich für die Wachstumsregulierung der Mammakarzinome. Ihre Synthese (v.a. die des 17β-Estradiols (E2)) erfolgt mit dem Enzym Aromatase (P450 CYP19A1 Enzym), dessen Expression in hormonregulierten Brustkrebszellen gesteigert ist und zu einer deutlichen Erhöhung der E2-Spiegel führt (Bensdorf, 2014) (Abb. 6). Ein erhöhtes Risiko besteht für Frauen während der Postmenopause, welche an Adipositas leiden, da während dieser Phase im Fettgewebe eine erhöhte Aromatase-Expression festgestellt wurde. Ausschlaggebend hierfür ist die Verlagerung des Syntheseortes von den Ovarien in das Fettgewebe (Bowers et al, 2014). Die gesteigerte Expression der Aromatase konnte zudem in den Zusammenhang mit einer erhöhten COX-2 Expression gebracht werden, aus welcher eine gesteigerte PGE2-Konzentration resultiert. Dafür verantwortlich ist ein sogenannter Promotor-Switch. Dieser verursacht, dass die Aromatase-Expression und somit auch die Östrogen-Synthese, welche zuvor von dem Promotor 1.4 kontrolliert wurden, auf die Promotoren 1.3 und 2 übertragen werden. Diese beiden Promotoren werden über cAMP reguliert, wodurch sich der Zusammenhang zu PGE2 – welches den cAMP-Spiegel beeinflusst - erklären lässt. Für die Behandlung von malignen hormonabhängigen Brusttumoren gibt es durch diese Zusammenhänge unterschiedliche erfolgsversprechende Ansatzpunkte. Die Wirkung der Östrogene kann einerseits durch Hemmung ihrer Rezeptoren verhindert werden, andererseits durch das Eingreifen in deren Synthese. Möglichkeiten bestehen auch in der direkten Hemmung der Aromatase, oder in der indirekten Hemmung der Synthese und Rezeptoren der PGE2. Hierbei kommen NSAIDs zum Einsatz, welche in die Biosynthese der PGE2 eingreifen und deren Bildung verhindern. Dadurch lässt sich das Wachstum der Krebszellen eindämmen, welches durch die Bildung von Östrogen durch das PGE2 abhängige Enzym Aromatase verstärkt wird (Bensdorf, 2014).

aufspringender Text
6. Abbildung
NSAIDs verhindern die Synthese der Prostaglandine. Somit wird die Aktivität der Aromatase gehemmt und dadurch das Tumorwachstum eingedämmt (Breuninger, 2017).

Versuch: Einfluss präventativer Gabe von NSAIDs auf die Bildung von Mammakarzinomen

Im folgenden Versuch sollen die unterschiedlichen Auswirkungen von herkömmlichen COX-Hemmern mit denen der Selektiven verglichen werden. Hierfür wurden 120 Ratten in drei gleichgroße Gruppen aufgeteilt und mit identischem Grundfutter versorgt. Eine der drei Gruppen erhielt dabei zusätzlich eine Beimengung von Celecoxib, einem selektiven COX-2 Hemmer. Eine andere die von Ibuprofen, welches lediglich allgemein inhibiert. Die letzte Gruppe diente als Kontrollgruppe. Nach einer Woche dieser Fütterung wurde jedem Tier eine intragastrische Dose von DMBA (7,12-Dimethylbenzo[a]anthracen), einem stark krebserregendem Karzinogen, welches präferiert Mammatumoren oder Hautkrebs verursacht, verabreicht. Daraufhin wurde für weitere 105 Tage die vorherig beschriebene Fütterung fortgesetzt. Die Ratten, welche mit Celecoxib zugefüttert wurden, zeigten eine deutlich verminderte Anzahl an gebildeten Mammakarzinomen mit einem deutlich kleineren Volumen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Auch die Ratten unter Ibuprofen-Einfluss zeigten reduzierte Symptome der Krebserkrankung, allerdings nicht in der Stärke der Celecoxib-Gruppe. Daraus lässt sich letztendlich auf das höhere chemopräventive Potenzial der selektiven COX-2-Hemmer schließen (Müller, 2005) (Abb. 7).

aufspringender Text
7. Abbildung
Darstellung des beschriebenen Versuches, welcher die Unterschiede der Wirkung von selektiven und nicht-selektiven NSAIDs aufzeigen soll (Breuninger, 2017).

Kolonkarzinom

Das Kolonkarzinom ist eine der häufigsten Krebsarten und stellt einen hohen Risikofaktor bei Krankheiten wie Morbus Crohn oder Adipositas dar (Abb. 8). Prognosefaktoren sind beispielsweise extramurale Gefäßinvasion, erhöhter präoperativer CEA- (Carcinoembryonales Antigen) Spiegel, p53 Mutation oder Mikrosatelliteninstabilität (Schmiegel, 2007). Cyclooxygenase-2-Inhibitoren haben eine tumorspezifische Wirkung, unter welcher bereits antiphlogistische Wirkungen bekannt sind. Durch klinische Studien wurde zudem belegt, dass Aspirin und andere nicht-steroidale Antiphlogistika das Risiko an kolorektalen Karzinomen oder familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) zu erkranken, deutlich senken (Renner, 2006). Ursächlich für die Bildung von Kolonkarzinomen ist vor allem die Überexpression von Cyclooxygenase-2 im Tumorgewebe. Zudem ist der PGE2-Spiegel in karzinomatösem Kolongewebe signifikant erhöht (Schneider, 2006). Nicht-steroidale Antiphlogistika haben einen protektiven Effekt auf die Tumorentstehung im Kolon. Die Wirkung der NSAIDs geschieht mit der Hemmung der Prostaglandinsynthese über die Cyclooxygenasen. Allgemeine COX-Hemmer, wie Aspirin, Sulindac und spezifische COX-2-Hemmer haben eine besondere Wirkung bei Patienten mit familiärer Disposition aber auch auf Patienten, die Aspirin aufgrund anderer Indikationen einnehmen. In zahlreichen Fall-Kontroll-Studien konnte bewiesen werden, dass Aspirin einen Effekt bei sporadischen Tumoren zu haben scheint, allerdings sind eindeutige Schlüsse bei familiären Formen des Kolonkarzinoms nicht eindeutig. Zu beachten ist, dass bei der Behandlung mit NSAIDs der Nutzen gegen die Risiken für den einzelnen Patienten abgewogen werden muss. Es ist zu empfehlen Aspirin oder andere NSAIDs als präventives Medikament in breiter Masse einzusetzen. Dennoch gibt es Unstimmigkeiten bei Hochrisikopatienten, wie Personen mit fortgeschrittenen Adenomen. Eine klare Richtlinie für die Aspirindosis mit dem besten protektiven Effekt und die Einnahmedauer gibt es noch nicht. Generell gilt, dass NSAIDs nicht für Patienten mit vorangegangenem hämorrhagischem Schlaganfall als Langzeittherapie eingesetzt werden sollten. Der nicht-selektive COX-Inhibitor Sulindac führt in der Prävention von Darmkrebs zu einer Regression der Polypen, doch kann es das primäre Entstehen von Kolonadenomen nicht verhindern. Zwar kann der Rückgang der gestielten Polypen beobachtet werden, jedoch verändern sie sich zu flachen Läsionen, welche sich zu einem Kolorektalkarzinom entwickeln können. Aus diesem Grund ist Sulindac in einigen Ländern nicht zugelassen. Spezifische COX-2-Hemmer wie Celecoxib haben weniger gastrointestinale Nebenwirkungen. Da der Effekt von Celecoxib dosisabhängig ist, kann nur eine hohe Dosis den signifikanten Rückgang der Polypenanzahl und Tumorlast erreichen (Lang et al, 2015).

aufspringender Text
8. Abbildung
Endoskopisches Bild eines Kolonkarzinoms

Pankreaskarzinom

Nikotin- und Alkoholabusus, hoher Fleisch- und Fettkonsum, Diabetes mellitus und chronische Pankreatitis stellen einen hohen Risikofaktor für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms dar (Adler, 2007). Frühe Beobachtungen bezüglich COX-2 und Angiogenese sind, dass die COX-2-Hemmer einen spezifischen inhibitorischen Effekt auf die Neubildung von Blutgefäßen haben. Des Weiteren beweisen Studien, dass durch COX-2-Inhibitoren eine Sensitivierung von Pankreaskarzinomzellen gegenüber einer Tumor-reaktiven CTL-Antwort (Cytotoxische T-Zellen Antwort) herbeigeführt werden kann. Die klinische Relevanz liegt darin, dass mit Hilfe des körpereigenen Immunsystems Tumore spezifisch angegriffen werden können. Hierbei spielen dendritische Zellen, als effiziente antigenpräsentierende Zellen und Induktoren einer spezifischen zellulären Immunantwort eine wichtige Rolle. T-Zellen können die durch dendritische Zellen präsentierten tumorspezifischen Antigene erkennen und stellen somit potentielle Ziele dieser neuartigen Therapiestrategie dar. Das zufriedenstellenste Ergebnis ist die beobachtete Sensitivierung der wenig immunogenen Pankreaskarzinomzellen gegenüber einer spezifischen CTL-Antwort durch Einsatz eines selektiven COX-2-Inhibitors (Renner, 2006).

Versuch: Einfluss von NSAIDs in Kombination mit LOX-5-Inhibitoren

In einer Studie mit Syrischen Hamstern konnte bewiesen werden, dass eine Therapie mit dem LOX (Lipoxygenase)-5-Inhibitor Zyflo in Kombination mit dem COX-2-Hemmer Celebrex zu einer signifikanten Verminderung der Inzidenz und der Größe des Adenokarzinoms des Pankreas führen. In den Tumorgruppen führt diese Therapie zu einer deutlichen Reduktion der Inzidenz der makroskopischen Pankreaskarzinome und zudem noch zu einer signifikanten Reduktion ihrer Größe. Allerdings hat die Therapie nur mit Celebrex in den Tumorgruppen keinen Einfluss auf die Inzidenz der Größe (Warnick-Achúcarro, 2008) (Abb. 9).

aufspringender Text
9. Abbildung
Wirkung von Celebrex in Kombination mit und ohne Zyflo (LOX) (Breuninger, 2017)

Anwendung der NSAIDs in der Tumortherapie der Tiermedizin

Auch in der Veterinärmedizin wurde bereits ein Zusammenhang zwischen einer Überexpression der Cyclooxygenase 2 und einigen Tumoren von Hunden und Katzen nachgewiesen. Hierbei handelt es sich überwiegend um epitheliale Tumore. Allerdings ist die Anzahl dieser erbrachten Studien um ein Vielfaches geringer als in der Humanmedizin. Die in diesem Zusammenhang untersuchten felinen Tumore machen dabei einen geringeren Anteil aus als die des Hundes. In einer Studie wurde bei 144 malignen Nasenhöhlentumoren bei Hunden ein immunhistochemischer COX-2 Nachweis vorgelegt und die Monotherapie mit Meloxicam als NSAID untersucht. Innerhalb von 6-25 Tagen führte dies bei 75% der Patienten zu einer Besserung der klinischen Symptomatik und des Allgemeinbefindens. Zudem war bei 21% eine partielle Tumorremission zu beobachten. Die mediane Überlebenszeit lag bei 214 Tagen. Im Gegensatz dazu lag diese ohne Durchführung einer Therapie bei 95 Tagen (Michel, 2012). Weitere Studien an Hunden ergaben bei nicht tonsillären Plattenepithelkarzinomen unter der Anwendung von Piroxicam (NSAID) und Cisplatin (Zytostatikum) bei 57% eine komplette Remission, bei Übergangszellkarzinomen der Harnblase unter Anwendung von Piroxicam bei 18-33% eine Remission sowie ca. 50% eine Stabilisierung bei einer medianen Überlebenszeit von etwa 6 Monaten (Kessler, 2012). Somit erscheint der Einsatz eines NSAIDs zumindest als unterstützende Maßnahme sinnvoll.


Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Fachartikel

Sonstige Literatur

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis


Verfasst von: Katharina Breuninger, Katharina Steiger und Julia Witte B-)

HemmungCyclooxigenase (last edited 2017-05-04 10:50:46 by 3690D)